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Happy-Go-Lucky - Plakat zum Film

HAPPY-GO-LUCKY

("Happy-Go-Lucky")
(GB, 2008)


Regie: Mike Leigh
Film-Länge: 118 Min.
 

 
 
 
 
 

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 Kino-Start:
 03.07.2008

 DVD/Blu-ray-Start:
 28.10.2011

 Streaming-Start:
 22.02.2010

 (WOW (sky))

 Free-TV-Start:
 02.01.2012

"Happy-Go-Lucky" - Handlung und Infos zum Film:


Poppy (Sally Hawkins) radelt fröhlich durch die Straßen Londons und winkt hin und wieder freudestrahlend freundlichen Passanten zu. Wer jetzt annimmt, Poppy sei die sechsjährige Heldin eines pädagogisch wertvollen Kinderbuches für Leser im Grundschulalter, der liegt etwas daneben. Denn bei Poppy, die eigentlich Pauline heißt, handelt es sich nicht um eine fiktive Grundschülerin, sondern vielmehr um eine sehr reale Grundschullehrerin, die sich allerdings das sonnige Gemüt ihrer sechsjährigen Zöglinge bewahrt hat. Nachdem sie ihr Fahrrad an einem Zaun festgemacht hat, betritt die Pädagogin einen Buchladen, wo sie sich bald in ein Kinderbuch vertieft. Zum Kauf kommt es jedoch nicht, da der wortkarge Buchhändler (Elliot Cowan) mit Poppys unbeschwerter Art nun so gar nichts anfangen kann. Als Poppy zu ihrem Fahrrad zurückkehren will, ist es weg. Poppy hätte sich zwar gerne noch von ihrem langjährigen und inzwischen sehr klapprigen Gefährt verabschiedet, aber sie nimmt’s mit Humor. Typisch Poppy.

Am gleichen Abend sieht man Poppy auf der Tanzfläche eines Londoner Clubs ausgelassen herumzappeln. Voll wie fünf der berühmten Strandhaubitzen wanken Poppy, Schwesterchen Suzy (Kate O'Flynn), Mitbewohnerin Zoe (Alexis Zegerman) sowie deren Kumpaninnen Dawn (Andrea Riseborough) und Alice (Sinead Matthews) erst im Morgengrauen aus dem sündigen Vergnügungstempel.

Am nächsten Tag erwacht Poppy frohgemut mit einem Lächeln auf den Lippen, denn Poppy gehört zu den Menschen, die täglich frohgemut mit einem Lächeln auf den Lippen erwachen. Suzy hingegen ist ziemlich verkatert und verknautscht und muss deshalb gewaltsam Morpheus’ Armen entrissen werden. Danach lümmeln die beiden Schwestern noch eine Weile auf dem Bett herum und unterhalten sich über Suzys Examen, das sich bereits als dunkle Wolke am Horizont abzeichnet. Zoe, die inzwischen auch wieder von den Toten auferstanden ist, bildet später den dritten ungeduschten Matratzenbelag.

Nachdem Suzy fortgegangen ist, plaudern Poppy und Zoe über Poppys andere Schwester Helen (Caroline Martin). Helen ist, wie man so schön sagt, in freudiger Erwartung und erwartet darüber hinaus den Besuch der drei Damen: Es gäbe dann auch was vom Grill. Das Gespräch der beiden Grundschullehrerinnen - denn Zoe ist vom selben Metier - schwenkt dann auf didaktisches Fachgebiet über. Es geht um Tiere mit Migrationshintergrund, einfacher gesagt, um das Leben der Zugvögel, das laut Lehrplan nächste Woche der zwergenhaften Klientel näher zu bringen ist. Und übrigens wird Poppy, wie sie nun im Tonfall eines Fanfarenchors ankündigt, ihren entwendeten Drahtesel nicht durch einen neuen ersetzen, sondern stattdessen Fahrstunden nehmen!

Anderen Morgens spielen sich in Poppys – und einige Kilometer entfernt auch in Zoes – Unterricht Szenen ab, die von einem Horrorfilmklassiker Alfred Hitchcocks inspiriert sein könnten: Zahllose Vögel schwirren unkontrolliert durch den Klassenraum. Besorgte Eltern dürfen aber jetzt wieder aufatmen, denn hier wiederholt sich nicht die Tragödie von Bodega Bay, denn das sich kreuz und quer herumflatternde Geflügel entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als ein Schwarm harmloser Kinder mit selbstgemalten Vogelmasken. Poppys und Zoes ausgefeiltes Lehrkonzept sieht nämlich auch einen praktischen Teil vor, der das theoretisch Erlernte am eigenen Körper nachvollziehbar machen soll. Nachdem die Pausenklingel den munteren Piepmätzen wieder Bodenhaftung verordnet hat, strebt Poppy gutgelaunt ihrem wöchentlichen Trampolinkursus entgegen. Das Trampolin ist nämlich ein Sportgerät, das genau zu Poppy passt: Man kann darauf gutgelaunt herumhüpfen und flieeeeegen.

Tags drauf nimmt Poppy ihre erste Fahrstunde. Ihr Lehrer Scott (Eddie Marsan) ist ein gestrenger und grantiger Typ und somit das ganze Gegenteil von Poppy – Konfrontation vorprogrammiert. Scotts elaboriertes Erziehungskonzept findet auch sogleich seine Anwendung in der Praxis: Was hat seine neue Schülerin denn da eigentlich an den Füßen? Diese hochhackigen Boots sind kein Beitrag zur Verkehrssicherheit! Als Scott erfährt, dass es sich bei seiner Schülerin um eine leibhaftige Lehrerin handelt, ist er, vorsichtig gesagt, etwas irritiert. Sieht so eine Respektsperson aus, die der britischen Jugend ein Vorbild geben soll?

Nach einer weiteren Trampolinstunde verspürt Poppy, die gerade den Schulkorridor durchschreitet, ein fieses Zwicken im Rücken: Gestern wohl ein wenig zu ausgelassen herumgehüpft! Trotz dieser kleinen Unpässlichkeit ist sie aber sofort Feuer und Flamme, als ihr die Schulrektorin Heather (Sylvestra Le Touzel), der sie gerade in die Arme gelaufen ist, vorschlägt, sie zu ihrem wöchentlich stattfindenden Flamenco-Kurs zu begleiten. Flamenco klingt nach mediterraner Lebensfreude. Das wird bestimmt lustig! Aber erstmal geht Poppy zum Orthopäden: Der renkt alles wieder schön ein!

Die zweite Fahrstunde: Scott guckt schon wieder so finster aus der Wäsche, dass bei repräsentativen Umfragen sogar Darth Vader höhere Sympathiewerte erzielen würde. Schuld an der Übellaunigkeit ist die Ungeschicklichkeit seines letzten Schülers, der daraufhin den Zorn der dunklen Seite der Macht so richtig zu spüren bekommen hat. Aber selbst als der düstere Lord erneut seiner Kritik auf Poppys schuhmodische Verirrungen deutet, reagiert diese mit der heiteren Gelassenheit des altersweisen Obi Wan Kenobi. Diese Gelassenheit wird allerdings an der nächsten Straßenkreuzung schon wieder auf eine harte Probe gestellt. Denn Scott weist seine Schülerin an, die Fahrzeugtüren zu verriegeln, da unmittelbar in ihrer Nähe zwei Fahrradfahrer vorbei fahren, deren dunkle Hautfarbe im Kopf des Fahrlehrers sofort eine wilde Fantasie von Kannibalismus und grausamen Vodoo-Ritualen auslöst. Viel Spaß noch für den Rest der Fahrstunde, Poppy! Möge die Macht mit dir sein!

Im Schlepptau Heathers besucht Poppy nun zum ersten Mal den Flamenco-Kursus, der von Rosita aus Sevilla (Karina Fernandez) geleitet wird, also von einer waschechten Spanierin, deren imposante Erscheinung dementsprechend viel ‚Grandezza’ verströmt. Olé! Nach einigen von Kastagnettengeklapper begleiteten Tanzversuchen der durchaus bemühten angelsächsischen Grobmotorikerinnen, schreitet die Lehrerin unwirsch ein. Sie attestiert ihren Schülerinnen, allen voran Poppy, einen gravierenden Mangel an Leidensfähigkeit, Verzweiflung und sonstiger Seelenpein. Schließlich ist das Leben kein Ponyhof, sondern, wie schon in den dunkelsten Passagen der heiligen Schrift nachzulesen ist, gefälligst immer noch ein Jammertal. So reflektiert auch der Flamenco nicht zuletzt die innere Verfassung der Jahrhunderte lang unterdrückten und misshandelten weiblichen Kreatur in einer jeweils sehr persönlich zu interpretierenden Weise. Dass Rosita selbst in der Lage ist, sehr persönlich zu interpretieren, illustriert sie nun eindringlich durch einen sehenswerten Tränenausbruch und ebenso bühnenreifes Davonrennen. Ihr kubistisch zerwühltes Gesicht erinnert dabei stark an die berühmte ‚Weinende Frau’ ihres Landsmanns Pablo Picasso, der bekanntlich auch nicht gerade als Frauenversteher in die Geschichte eingegangen ist.

Nachdem im großen iberischen Gefühlskino der Vorhang gefallen ist, erörtern Poppy und Heather in ihrem Pub Fragestellungen erotischer Natur. Wie, will die Rektorin wissen, ist es eigentlich um Poppys Liebesleben bestellt? Dort, so erläutert Poppy freimütig, sei zwar seit geraumer Zeit einiges bestellt, aber immer noch nichts abholbereit. Ist aber gar nicht schlimm. Später kreist die Debatte um Heathers Tochter, welche inzwischen das Teenager-Alter erreicht hat. Heather wäre entzückt, wenn sich ihr Nachwuchs möglichst bald für einen einjährigen Auslandsaufenthalt begeistern ließe, denn eine Mutter will für ihr eigen Fleisch und Blut immer nur das Beste. Und Reisen erweitert bekanntlich den Horizont - nicht zuletzt denjenigen Heathers, da die Tochter für längere Zeit hinter selbigem verschwunden wäre. Poppy sieht sich daraufhin ermuntert, von ihrer eigenen Weltreise zu berichten, die sie und Zoe bis nach Südostasien und Australien führte. Den kulturellen Höhepunkt dieses Gewalttrips bildete ein sechsmonatiger Zauberei-Work-Shop in Thailand. Am nächsten Tag in der Schule sieht Poppy, wie ein Junge (Jack MacGeachin) einen Mitschüler auf dem Pausenhof mit Schlägen traktiert…

Kaum hat die dritte Fahrstunde begonnen, ist Scott mit seiner Geduld schon wieder am Ende. Der Automobilfanatiker wirft seiner Auszubildenden vor, jeglichen Lernfortschritt absichtlich zu sabotieren. Sie sei nicht nur ständig abgelenkt beim Wagenlenken, sondern auch arrogant, destruktiv und verherrliche darüber hinaus Chaos und Anarchie als anzustrebenden Gesellschaftszustand. Ihr Lehrerinnenexamen müsse sie ja wohl beim Bingo erworben haben. Er selbst sei übrigens nie gerne zur Schule gegangen, da man dort versucht habe, sein stürmisch drängendes Genie unter nichtsnutzigem Bildungsballast zu ersticken. Obwohl Scotts Charakteranalyse allenfalls dem skrupellosen Führer einer international operierenden Terrororganisation schmeicheln würde, bewahrt sich Poppy ihre unverwüstliche Grundfröhlichkeit, um die sie sogar der Dalai Lama beneiden kann. In der Schule beobachtet Poppy eine weitere brutale Ausschreitung des aggressiven Schülers. Dieses Mal greift sie beherzt ein…

An diesem Film ist einfach alles echt: Figuren, Schauplätze, Dialoge. Alles ist, wie aus dem Leben gegriffen. Selbst die absurdeste Figuren, wie Fahrlehrer Scott, wachsen nicht nur Poppy, sondern auch dem Zuschauer irgendwie ans Herz. Und wieviele Durchgeknallte es besonders in Städen wie London so geben kann, weiß man auch, wenn man noch nie dort war.

Happy-Go-Lucky ist die Momentaufnahme vom Leben einer Frau, die es so tatsächlich geben könnte – und mit der man auf jeden Fall ein bis zwei Bier trinken würde. Außerdem ist Mike Leigh ein Film gelungen, nach dem man das Kino auf jeden Fall lächelnd und mit einem guten Gefühl verlässt.


Die Redaktions-Wertung:100 %

Autor/Bearbeitung: Simone von der Forst, Frank Ehrlacher

Update: 31.01.2019


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