CAPTAIN AMERICA: BRAVE NEW WORLD

Schöne neue Welt im "Marvel Cinematic Universe": Der Superhelden-kritische General Thaddeus "Thunderbolt" Ross (Harrison Ford übernimmt gewohnt routiniert vom verstorbenen William Hurt) ist frisch zum US-Präsidenten gewählt. Weil er sich daran erinnert, dass er vor 17 Jahren im oft verpönten zweiten MCU-Film "Der unglaubliche Hulk" eine Tochter (Liv Tyler) hatte, die nicht mehr mit ihm spricht, wird er altersmilde – und wünscht sich auch einen frischen Anlauf mit dem neuen "Captain America". "Falcon" Sam Wilson (Anthony Mackie) hatte den Job am Ende von "Avengers: Endgame" geerbt. Zur Washingtoner Harmonie-Offensive gehört auch ein internationaler Vertrag um ein vier Jahre lang ignoriertes Story-Detail aus dem ambitionierten MCU-Flop "The Eternals". Doch bevor das Abkommen unterzeichnet werden kann, bricht sich eine Verschwörung Bahn, die Wilsons Einsatz fordert und den friedliebenden Präsidenten rot sehen lässt…

Es ist schon einigermaßen mutig, den ersten Solo-Film für den neuen "Cap" konsequent aus Story-Resten der vielleicht unbeliebtesten MCU-Projekte zu stricken. Auch die Disney+-Serie "The Falcon and the Winter Soldier", deren Handlung hier ebenfalls fortgesetzt wird, war ja nicht gerade ein Fan Favourite. Aber irgendwie muss die Comic-Saga halt weitergehen, und dass in den Marvelschen Schubladen nichts und niemand für immer in Vergessenheit gerät, ist ja vielleicht auch sympathisch. Erinnert hat man sich hier auch daran, dass zu den MCU-Highlights nach wie vor der zweite "Captain America"-Film "The Winter Soldier" gehört (verwendet irgendwer noch den "deutschen" Titel "The Return Of The First Avenger"?), der 2014 mit coolem Politthriller-Vibe überraschte. "Brave New World" versucht sich nun ebenfalls an diesem Genre und hat dafür tatsächlich einige hübsche Twists parat, die im Zweifel auch ohne Vorkenntnisse funktionieren. Gepaart mit bewährter Action zu Boden, zu Wasser und in der Luft ist das durchaus kurzweilig, wenn auch über weite Strecken für Marvel-Verhältnisse ungewohnt humorlos.

Vor allem Hauptdarsteller Anthony Mackie fehlen flotte Lines. Stattdessen muss er sich immer wieder durch schier endlose, holprige Erklär-Dialoge quälen. Dass Mackie nach der Beförderung zum Titelhelden ziemlich blass bleibt, ist nicht wirklich seine Schuld, sondern liegt eher daran, dass neben den Metall-Flügeln aus wakandischem Vibranium viel dröge Exposition auf seinen Schultern lastet. Da haben es einige neue Nebenfiguren leichter: die Israelin Shira Haas überzeugt als drahtige Security-Frau, Danny Ramirez war als potenzieller "Falcon"-Nachfolger schon in der Disney+-Serie ganz cute, und Giancarlo Esposito ("Breaking Bad") hat als nachträglich ins Skript gequetschter Seitenschurke zwar wenig zu tun, aber wie immer viel Charisma. Sie alle dürfen gerne wiederkommen – und das werden sie, denn Marvel vergisst nie…

Fazit: Solider MCU-Eintrag, der etwas unter drögen Dialogen leidet.