Das ist knapp 30 Jahre später natürlich anders. Regisseur Rob Zombies bisherige Filme ("Haus der 1.000 Leichen", "The Devil’s Rejects") gelten zwar als durchaus clever, aber insgesamt ähnlich martialisch wie sein Künstlername. Dass es im "Halloween"-Remake, pardon "Re-Imagining" wie das heute heißt, also etwas deftiger zugeht als im Original, wird niemanden überraschen. Das allein rechtfertigt noch keine Neuauflage. Muss es auch nicht – den Produzenten reicht als Motivation das Geld, dass sie gerne weiter mit der Marke "Halloween" verdienen möchten, obwohl die
bislang letzte Fortsetzung beim Publikum nicht ankam. Das kann man aber natürlich als ambitionierter Regisseur und Drehbuchautor so nicht gelten lassen, und so bemüht sich Zombie zu Beginn des Films tatsächlich um Eigenständigkeit. Mit mäßigem Erfolg:
Der neue "Halloween" erzählt zunächst den Teil der Geschichte, den John Carpenter damals ausließ. Wohlweißlich ausließ, denn mal ehrlich: Hat sich irgendjemand je gefragt, ob Michael Myers wohl eine schwere Kindheit hatte? Dass seine Motivation schlicht und einfach Bosheit war, machte den Killer mit der weißen Maske seit jeher so beängstigend. Nun aber erfahren wir, dass Michael in der Schule gehänselt wurde, weil Mama eine Stripperin war und sein Stiefvater ein Arschloch. Rob Zombie gönnt dieser frisch hinzugedichteten und leider gänzlich überflüssigen Kindheitsbiografie fast die Hälfte des Films. Zombies charmante Ehefrau
Sheri Moon (als Mutter Myers), Neuentdeckung
Daeg Faerch (als Jung-Michael) und Altstar
Malcolm McDowell (in der Psychiater-Rolle von
Donald Pleasence) legen zwar eine ordentliche Leistung hin, und auch die Splatter-Einlagen sind gehobener Genre-Standard. Trotzdem ertappt man sich beim Zuschauen immer wieder dabei, darauf zu warten, dass der Film endlich bei jener legendären Halloween-Nacht landet, in der Michael Myers aus der Klapse entkommt und in seinen Heimatort zurückkehrt. Wenn schon Remake, dann auch Remake…
Eine geschlagene Dreiviertelstunde vergeht, bis Fernsehgesicht
Scout Taylor-Compton (Gastrollen in "Charmed" und den "Gilmore Girls") in der alten Rolle von Jamie Lee Curtis die Leinwand betritt (im Original waren es elf Minuten) - und der Film eine entscheidende Wendung nimmt. Denn plötzlich erweist sich Rob Zombie als kluger Liebhaber des Originals. Die kühle Atmosphäre der seltsam leeren Wohnsiedlung zitiert der Regisseur annähernd perfekt (mitsamt des Ur-Soundtracks von John Carpenter und einer kleinen Rolle für
Danielle Harris aus Teil 4 und 5). Innerhalb weniger Minuten signalisiert der Regisseur den Zuschauern vertrautes Terrain – und weiß genau, dass das für einen Horrorfilm natürlich eigentlich ein absolutes No-Go ist. So dauert es nicht lange, bis sich der Film diese Not zur Tugend macht. Immer wieder setzt Zombie seine Schockmomente genau an die Stellen, wo es Kenner der Materie nicht erwarten. Kleine Details oder ganze Dialoge aus dem Original werden geschickt eingebaut, um in die Irre zu führen. Oder aber legendäre Situationen werden so komplett umgekrempelt, dass man bereits enttäuscht ist – und dann wird doch noch genau das nachgeliefert, was man zu Recht erwarten durfte.
Nach den Verschlimmbesserungen an Michael Myers Vorgeschichte schafft es Rob Zombie so doch noch, dem Original auf ebenso böse wie liebevolle Weise seinen Respekt zu zollen. Letztendlich macht der neue "Halloween" tatsächlich am meisten Spaß, wenn man das Original gut kennt. Das kann man von Remakes nicht oft behaupten.