In "The Unknown Known" entwirft Errol Morris das faszinierende Porträt von Donald Rumsfeld, einem außergewöhnlichen amerikanischen Politiker, der als George W. Bushs Verteidigungsminister zu den Drahtziehern des Irak-Kriegs zählte.
Im Zentrum steht Rumsfeld als Autor und Darsteller seines eigenen Lebens: Er liest Auszüge aus seinen "Schneeflocken", jenen zehntausenden Memos, die er als Parlamentarier und Berater von vier verschiedenen Präsidenten sowie in zwei Amtszeiten als Verteidigungsminister verfasst hat. Der Autor Rumsfeld ist ein resoluter Philosoph – seine Memos bieten jede Menge Fantasien, Rätsel und gelegentlich auch nebulöse Offenbarungen. Als Darsteller zügelt er sich genauso wenig wie während seiner bravourösen Pressekonferenzen zur Zeit des Irak-Kriegs – und er provoziert nach wie vor. Der Film entwickelt sich zu einem Katz-und-Maus-Spiel: Argumente und Gegenargumente, Ausflüchte und Beweise, wobei Rumsfeld als Mensch vorgestellt, in Frage gestellt und unter die Lupe genommen wird.
In Rumsfelds Archiv führt Morris‘ Film zurück bis ins Jahr 1962, als Rumsfeld ein junger Abgeordneter war. Wir beobachten die Entwicklung seiner beispiellosen Karriere, als ob sie sich vor unseren Augen abspielen würde: Richard Nixon persönlich wählte den 37-Jährigen für eine Position auf Kabinettsebene aus. Während der Amtszeit von Präsident Ford übernahm Rumsfeld die Leitung des Weißen Hauses und wurde dann Fords Verteidigungsminister. Während des Libanon-Krieges war er Präsident Reagans Sonderbeauftragter im Nahen Osten, und unter George W. Bush übernahm er dann wieder das Verteidigungsministerium. Stets protokolliert Morris Rumsfelds Ansichten – von den Ursprüngen in der Vergangenheit bis zu den Auswirkungen in der Gegenwart.
Genauso interessant sind die Aspekte, über die Rumsfeld nicht sprechen möchte – die öffentlichen Reaktionen auf seine Ambitionen und sein großes Geschick, sich in der politischen Arena durchzusetzen. Als Morris auf Shakespeares Gedanken verweist, dass Geschichte vor allem durch charakterliche Schwächen, Neid und Missverständnisse vorangetrieben wird, weist Rumsfeld diese Idee entschieden von sich. Er besteht darauf, dass sich seine politischen Konflikte nicht aufgrund kollidierender Egos ergaben, sondern einfach nur auf den Umstand zurückzuführen sind, dass Profis unterschiedliche politische Auffassungen hatten. Ein aufschlussreiches Tonband aus Nixons Zeit im Weißen Haus suggeriert das genaue Gegenteil.
Obwohl Rumsfeld in der amerikanischen Politik über ein halbes Jahrhundert lang hohe Positionen bekleidet hat, ist nur sehr wenig über ihn bekannt. In seiner berühmtesten Betrachtung beschreibt Rumsfeld das "unbekannte Bekannte" als "jene Dinge, die wir zu kennen glauben, wobei es sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist". Man hat den Eindruck, dass er dabei über sich selbst spricht. "The Unknown Known" ist nicht als eine weitere Untersuchung des Irak-Krieges gedacht – vielmehr will der Film ein Geheimnis erhellen, ein unbekanntes Bekanntes.
Autor/Bearbeitung: Frank Ehrlacher
Update: 31.01.2019
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