"Waldheim nein, Waldheim nein!" skandiert eine Menschenmenge 1986 auf den Straßen Wiens. Die Filmemacherin Ruth Beckermann ist eine der AktivistInnen. Mit Kamera und Mikrophon bewaffnet will sie die Wahl Kurt Waldheim zum österreichischen Bundespräsidenten verhindern.
Mehr als 30 Jahre später analysiert sie mit ihren eigenen Aufnahmen und einer Fülle von Archivmaterial die "Waldheim-Affäre" als einen Wendepunkt der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Sie rekonstruiert, wie der Jüdische Weltkongress in New York und internationale Medien nach und nach die Lücken in der Kriegsbiografie des ehemaligen österreichischen Außenministers und UN-Generalsekretärs aufdeckten: Waldheim hatte seine Tätigkeit als Offizier der Wehrmacht von 1942-44 stets verschwiegen und bestritt jede Beteiligung an NS-Verbrechen, ja selbst die damalige Kenntnis davon.
Doch je erdrückender die Vorwürfe wurden, desto erfolgreicher erwies sich in Österreich die Mobilisierung eines dumpfen Wir-Gefühls mit antisemitischen Untertönen. Obwohl eigentlich alle die Wahrheit kannten, war das Land bis dahin geschickt darin gewesen, sich selbst und der Welt vorzutäuschen, Österreich sei das "erste Opfer der Nazis" gewesen – eine Lebenslüge, die in Sonntagsreden, Büchern und Heimatfilmen jahrzehntelang reproduziert worden war. Auch wenn Waldheim am Ende tatsächlich zum Bundespräsidenten gewählt wurde und bis 1992 im Amt blieb, leitete sein Sieg aus heutiger Sicht seine eigentliche Niederlage ein. Er blieb während seiner gesamten Amtszeit international isoliert, und das offizielle Österreich öffnete sich endlich der längst überfälligen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit...
Autor/Bearbeitung: Frank Ehrlacher
Update: 31.01.2019
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