Die australischen Zwillingsbrüder Danny und Michael Philippou (Jahrgang 1992) gehören zu den größten Kinoüberraschungen der vergangenen Jahre. Auf ihrem YouTube-Kanal „RackaRacka“ folgen fast sieben Millionen Abonnenten ihren derben Filmparodien und schmerzhaften Stunt-Videos im „Jackass“-Stil. Als Aushilfen am Set des Psychosgruslers
„The Babadook“ (2014) sammelten die Philippous Erfahrungen und Kontakte, die ihnen ihren ersten eigenen Langfilm ermöglichten: Ihr Regiedebüt
„Talk To Me“ wurde 2022 zum veritablen Horrorhit, der das 20-fache seines Budgets einspielte.
Mit „Bring Her Back“ bleiben die Brüder dem Genre treu – trauen sich aber noch mehr als im Vorgänger in die unbehaglichen Gefilde der Trauer- und Traumabewältigung. Dabei beweisen sie ein erstaunliches Händchen dafür, gekonnt zwischen subtilen, teils poetischen Details und blutigen Splattereinlagen zu wechseln – nicht ohne dazwischen langsam an der Spannungsschraube zu drehen und selbst in vorhersehbaren Momenten noch ein Stück weit zu überraschen. Souverän auch, wie es gelingt, genau die richtige Menge an Backstory zu zeigen oder auch wegzulassen. So bleibt genug Raum, um interessante Figuren zu zeichnen, wozu auch die guten Darsteller beitragen. Dass zum Beispiel Sally Hawkins für diesen düsteren kleinen Film ganz offenbar ihre feste Mutterrolle im familienfreundlichen „Paddington“-Franchise aufgab, ist ein echtes Geschenk. In weniger fähigen Händen hätte diese Rolle leicht zur Karikatur verkommen können. Doch Hawkins ruft tatsächlich sowas wie Mitgefühl hervor.
„Bring Her Back“ wird den Philippous zwar keinen zweiten Überraschungshit bescheren - dazu ist diese psychologische Horror-Tour-de-Force zu viel Zumutung und zu wenig Fun. Doch die YouTube-Chaoten erweisen sich als erstaunlich tiefgründige Genrefilmer mit klarer Handschrift, von der wir hoffentlich auch demnächst im Sequel ihres Erfolgsfilms „Talk to Me“ noch mehr sehen werden.